Die Idee der Bundesrepublik als demokratischem Rechtsstaat mit föderaler Struktur war auch die Idee einer indirekten Demokratie. Das Volk sollte Vertreter bestimmen, die in wichtigen politischen Fragen Entscheidungen stellvertretend für "das Volk" treffen. Der dahinterstehende Gedanke ist ein kluger: Niemand kann nämlich auf allen Sachgebieten gleichermaßen kompetent sein. Da liegt es nahe, die eigene Entscheidungshoheit in die Hände anderer zu legen, die es besser wissen. Das Grundgesetz sieht einen Volksentscheid jedenfalls nur in einer einzigen Frage vor, und die hat sich mittlerweile weitgehend erledigt.
Aus der linken Ecke kam dann wohl in den späten siebziger Jahren der Gedanke, mit der indirekten Demokratie hätte man "das Volk" entmündigt. Nach einiger Zeit des Nachdenkens haben auch Konservative diesen Gedanken übernommen, hauptsächlich um missliebige politische Entscheidungen doch noch zu Fall bringen zu können. Damit erweist man der Sache einen Bärendienst: Denn es entscheidet nicht mehr der Oberarzt, ob operiert wird - jetzt entscheidet vom Pförtner bis zum Hilfskoch das ganze Krankenhaus darüber, ob beim Michel die Milz operiert wird.
Denn einmal in vier Jahren zu wählen, das ist dem bornierten Stammtischbruder längst nicht mehr genug: Der möchte gerne überall persönlich mitreden, und zwar so laut es eben geht. Und deshalb treibt er politische Entscheidungen zunehmend in die Arme des angeblichen Volkssouveräns, der zwar keine Ahnung hat, aber gerne zu allem seinen Senf persönlich dazugibt.
Gibt es eigentlich die Möglichkeit, per Volksentscheid alle Volksentscheide verbieten zu lassen? Ich wäre dabei!
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