Nicht tot, aber taub

Es gibt sehr viele hübsche Erzählungen über die verzweifelten Versuche von Mandanten oder Kollegen, bestimmte Behörden telefonisch zu erreichen. Die schönste aber stammt von einem Kollegen, der folgendes berichtet:

Er habe in einer gerichtlichen Angelegenheit eine Mitteilung der Geschäftsstelle erhalten. Auf dieser Mitteilung habe sich - wie üblich - neben der Behördennummer eine Durchwahl befunden. Diese Durchwahl sei durchgestrichen und handschriftlich durch eine andere Durchwahl ersetzt worden.

Also habe er auf der angegebenen Durchwahl versucht, die Sachbearbeiterin zu erreichen. Mehrmals am Tag, zu allen erdenklichen Tageszeiten, etwa zwei Wochen lang - ohne Erfolg. Aus Verzweiflung habe er dann irgendwann nicht die angegebene Durchwahl, sondern die ursprüngliche, durchgestrichene Durchwahl angerufen und dort einen - wenn auch unzuständigen - Mitarbeiter erreicht.

Erleichtert, wenn auch etwas in Rage, habe er sich bei dem Gesprächspartner nach der zuständigen Sachbearbeiterin erkundigt und etwas sarkastisch nachgefragt, ob diese vielleicht tot sei. "Nein", habe der Gesprächsteilnehmer daraufhin geantwortet, tot sei die Dame nicht, aber sie sei auf beiden Ohren taub.

Und die Moral von der Geschichte: Es ist beruhigend, dass die Gerichte offenbar schwerbehindertenrechtlich Ihre Quoten erfüllen - aber eingehende Anrufe auf den Apparat einer tauben Mitarbeiterin umzuleiten, ist etwa so, als würde man den Telefonapparat in die Abstellkammer stellen und die Tür verriegeln.

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