Gerne hätte ich Sie verurteilt, nur ging es leider nicht

Strafgericht, Urteilsverkündung. Die Beweisaufnahme hat den Anklagevorwurf zumindest nicht eindeutig bestätigt, aus Sicht der Verteidigung vielleicht sogar eindeutig widerlegt. Das Gericht tut, was es in Deutschland nur sehr selten tut: Es spricht frei. Dann begründet es sein Urteil.

Und da geht es plötzlich mit dem Vorsitzenden Richter durch. Gerne hätte er den Angeklagten verurteilt, sagt er, nur hätte die Beweislage dafür leider nicht gereicht. Zuletzt dem Vernehmen nach wieder passiert und mit großem öffentlichen Interesse begleitet vor dem LG Augsburg, in Sachen des Kollegen Lucas, von Spiegel online berichtet und entsprechend aufgegriffen insbesondere vom Kollegen Burhoff.

Dafür, dass nur etwa drei Prozent aller Strafverfahren in Deutschland mit einem Freispruch enden, dürfte jeder Strafverteidiger so einen Ausspruch schon erstaunlich oft gehört haben. Aber warum eigentlich? Denn schon Kollege Burhoff bemerkt treffend: Ein Freispruch ist ein Freispruch. Punkt. Das Gericht spricht frei, weil die Hauptverhandlung eine andere Überzeugungsbildung nicht zugelassen hat.

Wie kann es Richter hierüber ernsthaft Bedauern äußern? Ein Richter, der bedauert, dass er sich ans Gesetz halten muss! Ein Richter, der unumwunden zugibt, dass er den Angeklagten gerne verurteilt hätte, aus rein persönlichen Gründen - denn sachliche Gründe können es ja nicht gewesen sein, die hätten ja zur Verurteilung geführt. Solch ein Richter gesteht nachträglich seine Befangenheit ein. Jetzt ist es ja egal, es ist ja vorbei.

Wer so denkt, ist nicht nur ein Menschenfeind, er unterliegt auch einem erschreckenden Missverständnis: Er denkt nämlich offenbar, es wäre Aufgabe eines Richters, möglichst viele Menschen zu verurteilen. Das ist aber nicht die Aufgabe eines Richters. Ein Richter soll unbefangen urteilen, und nicht nach einem Ergebnis schielen.

Schon gar nicht nach einem Ergebnis, dass dem Angeklagten ungünstig ist.


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