Die Werthlosigkeit der Jurisprudenz als Wissenschaft

Nein, das "h" ist kein Schreibfehler, das schrieb man damals so. Damals, das ist im Vorrevolutionsjahr 1847, als Julius Herrmann von Kirchmann seine berühmt gewordene Rede dieses Namens gehalten hat. Dankenswerterweise findet sich im Internet hier sogar die Originalschrift: Für alle die, die gerne Sütterlin lesen.

Für alle anderen: Aus dieser Rede stammt unter anderem der berühmte Ausspruch vom Strich des Gesetzgebers, "der ganze Bibliotheken zu Makulatur" werden ließe. Kirchmanns Diagnose des Zustands der Rechtswissenschaft ist brillant und liest sich teilweise so, als wäre sie erst gestern von einem kritischen Geist geschrieben worden.

Die vom damaligen Staatsanwalt Kirchmann vorgeschlagene Therapie gegen den diagnostizierten Missstand allerdings ist weit weniger brillant, wenn auch mindestens ebenso aktuell. Er schlug nämlich vor, die Jurisprudenz solle sich weniger auf die Juristen verlassen, sondern stattdessen auf etwas, das er "das Recht, wie es im Volke wohnt", nannte. Weniger denken, mehr fühlen; weniger Geist, mehr Bauch; weniger Richter, mehr Laien. Bei seinem berühmten Nachfolger Friedrich Carl von Savigny hieß das später "Volksgeist", noch später bei Adolf "gesundes Volksempfinden". Heute heißt es möglicherweise RTL oder BILD-Zeitung.

Immer aber war es eins: Populistische Stimmungsmache zu Lasten der Schwachen. Trotzdem lohnt sich das Lesen. Unbedingt!

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