Völlig aufgelöst

Sehr polemisch fordert der Kollege Möbius hier von der Rechtsanwaltskammer, sie möge ihn nicht mehr als Kollegen bezeichnen und sich sodann selbst auflösen. Der Rechtsanwaltskammer fehle die Fachkunde, ihm eine Rüge zu erteilen.

Nun frage ich mich zum einen immer, was so viele Kollegen gegen die Rechtsanwaltskammer haben. Gäbe es die Selbstverwaltung nicht, müsste eine staatliche Verwaltung eingesetzt werden. Und ob eine staatliche Aufsicht den Interessen der Anwaltschaft besser gerecht würde als die Anwaltschaft selbst, mag bezweifelt werden. Zumindest wäre sie weiter weg.

Zum anderen erlebe ich auch immer wieder, dass selbst ansonsten seriöse Kollegen verlangen, die Rechtsanwaltskammer möge sich auflösen, selbst abschaffen oder entsprechendes. Das mag als Polemik ja gerade noch taugen; sollte es ernst gemeint sein, wäre es ein Armutszeugnis für die Rechtskenntnisse des Betreffenden. Die Rechtsanwälte im Bezirk eines Oberlandesgerichtes bilden aufgrund Bundesgesetzes eine Rechtsanwaltskammer, § 60 BRAO.

Da bleibt für eine Auflösung kein Raum, schon gar nicht für eine "Selbstauflösung". Der Gesetzgeber - also das Parlament - müsste die Kammern schon durch Gesetztesänderung abschaffen - und dann wären die ewigen Nörgler wahrscheinlich die ersten, die sich nach den Kammern zurücksehnen würden.

Was die ebenfalls angesprochene Fachkunde angeht, Rügen zu erteilen: Auch dies ist eine gesetzlich zugewiesene Aufgabe der Rechtsanwaltskammern, delegiert auf deren Vorstand, § 74 BRAO - bei dem Verhalten einiger Kollegen übrigens nicht die schlechteste. Fachkunde ist hierfür sicher wünschenswert, aber nicht Voraussetzung.

Und Kollegen sind die Rechtsanwälte doch schließlich alle, oder?

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