Als erstes findet der Versicherer seinen eigenen Versicherungsnehmer nicht. Das ist eigentlich nicht das Problem des Anspruchstellers, aber man kann es sich ja mal merken. Nach längerer Suchaktion stößt der Versicherer darauf, dass der Versicherungsnehmer sein Fahrzeug für die Unfallfahrt an einen Dritten verliehen hatte. Das ist ein schöner Ansatzpunkt, also ermittelt man auch mal in diese Richtung, findet aber auch dort nichts. Aber zahlen: nein, das will man nicht.
Weil jetzt bald gar nichts mehr hilft, behauptet man, der Unfall wäre fingiert worden und weigert sich deshalb, zu zahlen. Der Betrug ergäbe sich aus einem Gutachten, das man auf eigene Faust eingeholt hat und das dem vom Anspruchsteller eingeholten Gutachten in wesentlichen Punkten widerspricht.
Also sieht sich der Anspruchsteller gezwungen, vor Gericht zu gehen und verklagt Fahrer und Versicherer. Im Klageverfahren trägt der Versicherer nunmehr vor, ein von ihm eingeschalteter Detektiv hätte ermittelt, der Anspruchsteller und der eigene Versicherungsnehmer hätten sich bereits vor dem Unfall gekannt. Der Versicherer beantragt Klagabweisung und erstattet Strafanzeige wegen gemeinschaftlichen Betruges gegen den Anspruchsteller und den Fahrer.
Nachdem der Versicherer die zivilrechtliche Klage auf diese Art und Weise gewonnen hat, drängt er bei der Staatsanwaltschaft auf Verfolgung. Da steht die Staatsanwaltschaft Gewehr bei Fuß und erhebt zügig Anklage gegen beide. Doch da drängen sich einige Fragen auf:
Warum sollten die Beteiligten eines fingierten Unfalles sich gegenseitig verklagen, wenn sie es doch angeblich gemeinschaftlich auf das Geld des Versicherers abgesehen haben? Das wäre nicht nur unsinnig, sondern auch ziemlich ungeschickt, beraubte man sich doch des besten aller Zeugen, wenn man den eigenen Komplizen verklagte. Außerdem ist mittlerweile nachgewiesen, dass ein Unfall tatsächlich stattgefunden hat, nur lassen sich möglicherweise nicht alle Schäden eindeutig zuordnen.
Glücklicherweise findet sich ein kritischer Richter, der die Staatsanwaltschaft im Zwischenverfahren zu weiteren Ermittlungen zwingt, z. B. durch Vernehmung des Detektives, der angeblich die Bekanntschaft zwischen Anspruchsteller und Halter ermittelt haben soll. Und siehe da: Eine Person des vom Versicherer im Klageverfahren benannten Namens ist nicht auffindbar und in Deutschland unbekannt. Mit einer einzigen Besichtigung des Unfallortes lassen sich alle Unstimmigkeiten des Gutachtens auf einmal stimmig erklären.
Innerhalb eines etwa eineinhalb Jahre dauernden Zwischenverfahrens zerbröselt so ziemlich alles, was der Versicherer im Zivilverfahren vorgetragen hat, bis das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens schließlich mangels hinreichenden Tatverdachts ablehnt.
Seinen Schaden aber wird der Anspruchsteller nie ersetzt bekommen, da hierüber bereits rechtskräftig vom Zivilgericht entschieden wurde.
Wie gut, dass es eine Pflichthaftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge gibt. Dumm nur, dass die Versicherer einfach so ungern zahlen.
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