Muss ich den etwa freisprechen?!

Amtsgericht, Strafsachen. Dem Angeklagten wird eine Urkundenfälschung vorgeworfen. Der Vorwurf ist schon als solcher eher fragwürdig, in der Beweisaufnahme zersetzt er sich nach Vernehmung einiger Zeugen vollends.

Diese Situation sollte einem Richter eigentlich Genugtuung verschaffen, könnte er doch hier seine volle Souveränität zeigen und beweisen, dass die Justiz unvoreingenommen ermittelt, eigene Fehler zu korrigieren bereit ist, und dadurch dem verfassungsmäßig garantierten Rechtsstaat zu voller Geltung verhilft.

So ist es aber mal wieder nicht. Nachdem vom Vorwurf wirklich nichts mehr übrig geblieben ist, schaut die Richterin hilflos in Richtung der Staatsanwaltschaft, ob die nicht doch noch ein Kaninchen aus dem Hut zu zaubern imstande wäre, das zur Verurteilung gereichen könnte. Aber von der Staatsanwaltschaft kommt nur ein Schulterzucken. Als Beobachter aus der Zuschauerreihe kann ich förmlich sehen, wie die Richterin gegen die drohende Erkenntnis ankämpft, den Angeklagten gleich freisprechen zu müssen. Entsprechend ruppig und unflätig fragt sie dann in richtungslos in den Raum, ob die Beweisaufnahme geschlossen werden könne, solle, ja müsse.

Gibt es denn wirklich gar nichts, das man vielleicht doch noch gegen den Angeklagten verwenden könnte? Noch ein verzweifelter Blick zur Staatsanwaltschaft, aber die Sitzungsvertreterin hat ihre Akte schon zugeklappt. Also tatsächlich. Beide Seiten beantragen Freispruch, die Richterin verkündet genervt ihr entsprechendes Urteil.

Das ist ärmlich, erbärmlich und verkennt den Sinn und Zweck einer Gerichtsverhandlung. Und trotzdem ist es bezeichnend für die Einstellung, mit der viele Amtsrichter ihren Beruf verfolgen. Schade. Und zum Ärgern.

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